Armenien-Resolution: Absprachen zwischen den Regierungen Deutschlands und der Türkei?

Meine Kollegen stellen Staatsminister Roth Fragen über die Haltung der Bundesregierung zur Resolution des Deutschen Bundestages zum Völkermord an den Armeniern. Ich schließe mich mit einer Frage nach möglichen Absprachen zwischen der türkischen und der deutschen Regierung an.

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Gastbeitrag im Weserkurier

Der Rechtsstaat verträgt keine befristete Aussetzung! Willkürliche Verhaftungen können rückgängig gemacht werden – das Vertrauen aber bleibt beschädigt. Mit der Verhaftung bzw. Absetzung von Tausenden Richterinnen und Richtern ist der Rechtsstaat in der Türkei nur noch Makulatur und zwar unabhängig von der Befristung des Ausnahmezustandes. Erdogan hat wahr gemacht, was er dem Verfassungsgericht bereits im Februar androhte, als dieses die Untersuchungshaft für zwei Journalisten aufhob: er werde die gerichtliche Entscheidung nicht akzeptieren.

Die Gewaltenteilung wurde jetzt mit Gewalt durchbrochen. Das hat nachhaltige Auswirkungen auch auf künftige richterliche Entscheidungen. Wie sollen Gerichte unter dieser Bedrohung unabhängige Entscheidungen treffen? Ein Rechtsstaat kann so nicht funktionieren. Der Appell von Außenminister Steinmeier, der Notstand müsse auf die unbedingt notwendige Dauer beschränkt werden, verkennt, dass die Verhaftungen in der Richterschaft nicht ansatzweise durch einen Putsch des Militärs legitimiert werden können und es dafür auch keine notwendige Dauer geben kann. Das gleiche gilt natürlich auch für die anderen 10.000 Staatsdiener, Beamte und Lehrer.

Die vorbereiteten Verhaftungslisten und die Notstandsverordnung erinnern in erschreckender Weise an die Reaktionen des deutschen Staates auf den Reichstagsbrand am 27. Februar 1933. Bereits am nächsten Tag wurde die sogenannte Reichstagsbrandverordnung erlassen und Tausende von angeblichen Kommunisten verhaftet. Auch die Todesstrafe wurde erst nach dem 27.02.33 im deutschen Reich eingeführt und entgegen der Verfassung rückwirkend für den Brandstifter van der Lubben angewandt. Nach der türkischen Verfassung dürfen selbst im Notstand keine Strafen rückwirkend verhängt werden.

Es bleibt die Hoffnung, dass Erdogan hier keinen Anlass für weitere historische Vergleiche liefert. Alle Demokratinnen und Demokraten in der Türkei brauchen jetzt unsere Solidarität und Unterstützung. Das gilt auch und gerade für die türkischen RichterInnen, AnwältInnnen und StaatsanwältInnen, auf die es jetzt ankommt. Selbst wenn der Notstand nach drei Monaten enden sollte, wird die Justiz Jahre brauchen, um ihre Unabhängigkeit zurück zu gewinnen.

Rechtssicherheit kann es auf diesem Wege weder für die Bürgerinnen und Bürger der Türkei, für deutsche Unternehmen oder eben für Flüchtlinge geben. Die Bundesregierung muss daraus die Konsequenzen ziehen. Die Geschäftsgrundlage für die Zusammenarbeit und insbesondere für den Flüchtlingsdeal ist endgültig obsolet. Stattdessen müssen wir feststellen: das Recht auf politisches Asyl wird im Zusammenhang mit der Türkei nun wieder bedeutsamer denn je!

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