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Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
niemand wird bestreiten, dass der Nahe Osten durch einen Konflikt geprägt ist, der in seiner Komplexität kaum zu übertreffen ist. Kein anderer Konflikt strahlt in vergleichbarer Weise politisch und religiös so weit über die betroffene Region hinaus. Mit mehr oder weniger Elan bemüht sich die internationale Gemeinschaft seit Jahrzehnten um eine Verhandlungslösung. Einen nachhaltigen Erfolg konnte sie jedoch bisher nicht verzeichnen. Mauern – ob real oder in den Köpfen – verhindern eine effektive Friedensregelung.
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
der 1.Mai ist seit über einem Jahrhundert ein Tag der Arbeit. Dabei ist nicht jede Form von Arbeit, sondern die bezahlte Erwerbstätigkeit und deren Bedingungen gemeint.
Dies kein Tag an dem einzelne in sich gehen und individuell über ihre Arbeit nachdenken, sondern an diesem Tag steht die Gemeinschaft der Erwerbstätigen und ihre Solidarität miteinander im Vordergrund.
Und Solidarität unter den Erwerbstätigen ist heute wieder erforderlicher denn je. Denn es steht nicht gut um die Bedingungen der Erwerbstätigkeit in unserem Land.
Erstmals seit Bestehen der Republik sind die Bruttolöhne über einen längeren Zeitraum real gesunken.
Das Modell des sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeitsverhältnisses wird immer weiter zurück gedrängt durch prekäre Verhältnisse bei Geringfügigkeit, Selbständigkeit, Befristung oder Leiharbeit.
Kündigungschutz und Tarifbindung sind gerade hier im ländlichen Niedersachsen eher die Ausnahme als die Regel.
Statt gut bezahlte Vollzeitarbeitsplätze in der Produktion entstehen Teilzeitarbeitsstellen im Dienstleitstungsbereich.
Dafür staunt die ganze Welt wie gut die deutsche Wirtschaft bislang durch die schwere Krise gekommen ist. Und dass trotz der starken Exportorientiertheit! Auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit hält sich in Grenzen. Wobei mir immer noch nicht ganz klar ist, wo eigentlich die ganzen LeiharbeiterInnen hin verschwunden sind.
Wir sind international so konkurrenzfähig, dass es anderen Ländern in Europa ganz schwindelig wird! Insgesamt schuldet das Ausland den Deutschen 670 Mrd. Euro - die Hälfte der gesamten Staatsverschuldung - dafür, dass wir 40 % aller produzierten Güter exportieren ( ZEIT Nr.13, S. 25) Natürlich kann man Deutschland nicht die Schuld geben dafür, dass Griechenland über seine Verhältnisse gelebt hat oder dass die amerikanischen Banken mit schlechten Krediten gepokert haben - aber wenn ein Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft so groß wird, dass sie ins Rutschen gerät gehören immer zwei Seiten dazu. Und die deutsche Lohnzurückhaltung - ein eher zynischer Begriff in meinen Augen - sowie die Exportüberschüsse sind ein Teil davon.
Wie andere Wirtschaftkrisen zuvor kann auch diese wieder genutzt werden alte Erkenntnisse neu aufzufrischen:
Höhere Gewinne der Unternehmen durch niedrigere Löhne und schwacher Kündigungsschutz führen eben nicht automatisch zu mehr Arbeitsplätzen und besseren Lebensverhältnissen. Im Gegenteil: eine zu große einseitige Belastung der Arbeitnehmerseite gefährdet die Stabilität der gesamten Volkswirtschaft!
Von der Binnenmarktnachfrage bis zur Weltwirtschaft gibt es heute jede Menge aktuelle Argumente dafür, ArbeitnehmerInnenrechte selbstbewusst einzufordern und durchzusetzen.
Dabei sind nicht nur Gewerkschaften, Betriebsräte und ArbeitgeberInnen gefordert, sondern auch die Politik, die für stabile Rahmenverhältnisse zu sorgen hat.
Was also ist zu tun?
Zunächst einmal muss dem Lohndumping endlich Einhalt geboten werden und das geht nicht allein mit guten Worten. Da ein großer Teil der Arbeitswelt von Tarifbindung gar nicht mehr betroffen ist kann dies auch nicht allein den Tarifparteien überlassen bleiben.
Hier ist der Gesetzgeber gefragt, der die Ausfransung nach unten mit einem gesetzlichen Mindestlohn abschneiden muss. Davon profitieren im übrigen nicht nur ArbeitnehmerInnen, sondern auch ArbeitgeberInnen, die sich nicht mehr mit unanständiger Konkurrenz auseinandersetzen müssen. Es wäre auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entgeltgleichheit von Männern und Frauen, da Frauen überdurchschnittlich von einem solchen Mindestlohn profitieren würden.
Der Höhe nach sollte der Mindestlohn so bemessen sein, dass Alleinstehende bei einer 40 Stundenwoche ihren Lebensbedarf ohne weitere staatliche Hilfe decken können. Über diesen Mindestlohn hinaus bleiben die Tarifparteien selbstverständlich für die Aushandlung der angemessenen Entlohnung zuständig. Und in diesem Bereich bleibt genug zu tun, wenn ich an den Lkw Fahrer denke, der vollzeit - auch im Ausland fährt und am Monatsende auf seiner Verdienstbescheinigung sage und schreibe 1000,-€ findet. Ein Betrag, von dem eine Arzthelferin oder die Frisörin auch nach Jahren in ihrem gelernten Beruf immer noch träumen.
Als nächstes fällt mir der alle Jahre wieder in Frage gestellt Kündigungsschutz ein. Mal sollt der Anwendungsbereich bei 10 - dann wieder bei 5 und wieder bei 10 und wieder bei 5 liegen.
Der Kündigungsschutz ist eine ganz essentielle Voraussetzung dafür, dass auf dem Papier bestehende Rechte auch in der Praxis eingefordert werden können. Er darf daher auf keinen Fall weiter ausgehöhlt werden.
Besonders deutlich ist dies bei der praktischen Anwendung der Leiharbeit geworden, die massenhaft zur Umgehung von Kündigungsschutz missbraucht worden ist. Leiharbeit sollte eigentlich nur dazu dienen sogenannte Auftragspitzen abzuarbeiten - stattdessen wurde häufig ein Teil der Stammbelegschaft günstig ersetzt
Besonders anschaulich hat es ein Unternehmen im Landkreis Nienburg betrieben, dass über Jahre etwa ein Drittel seiner Belegschaft durch Leiharbeiter ersetzt hat. Die gleichen Leiharbeiter waren dort über Jahre beschäftigt ohne eine Chance auf Übernahme. Neueinstellungen wurden grundsätzlich nur von außen getätigt. Nach dem Motto: Warum sollen wir Dich einstellen, wenn wir Dich doch auch billiger haben können?
Diese Arbeiter zweiter Klasse hatten lange Zeit keinen eigenen Platz im Frühstücksraum und wurden nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen. Jahressonderzahlungen wegen besondern guten Jahresgewinnen erhielt nur die Stammbelegschaft. Als einer von ihnen, der viele Jahre in dem Unternehmen gearbeitet hatte anmeldete, dass ihm eine 3wöchige Kur bewilligt worden sei wurde ihm mitgeteilt, er bräuchte nach der Kur gar nicht wieder kommen und darüber hinaus bräuchte auch seine Leihfirma keine Leute mehr schicken.
Was mich dabei als Anwältin besonders traurig macht ist die Tatsache, dass diese Arbeitnehmer nie den Weg in eine Anwaltskanzlei oder zum Arbeitsgericht gefunden haben. Wer tatsächlich den Rechtsweg beschreitet ist schon einen Schritt weiter, wie jetzt das Arbeitsgericht Marburg in dem Eilverfahren der 4 Schlecker MitarbeiterInnen gezeigt hat. Der Beschluss macht Hoffnung. Die abschließende Entscheidung steht aber noch aus.
Wir müssen nicht nur bessere Gesetze machen, sondern auch sicher stellen, dass diese in der Praxis durchsetzbar bleiben. Nehmen wir bspw. den gesetzlichen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit in der Leiharbeit. Hier ist es das eine, die Ausnahmevorschrift für tarifliche Vereinbarungen zu streichen- was anderes ist es die Einhaltung dieser Norm zu gewährleisten, wo ArbeiterInnen aufgrund ihrer schwachen Position nicht mehr in der Lage sind ihre Rechte durchzusetzen.
Der Rechtsschutz ist gefährdet, wenn die Position der Arbeitnehmerin gegenüber dem Unternehmen zu schwach wird. Aus diesem Grund brauchen wir endlich ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften.
Und das sage ich nicht etwa nur weil ich hier von der Gewerkschaft eingeladen worden bin - das steht auch wirklich in unserem grünen Programm.
Aber nicht nur das Individuum braucht eine finanzielle Grundlage - auch unser Gemeinwesen, unsere Infrastruktur, unser Sozialstaat, unsere Kommunen, brauchen eine solche finanzielle Grundlage.
Steuern sind kein Geschenk des Bürgers an den Staat, wie Westerwelle meint, sondern eine Gegenleistung für die Bereitstellung staatlicher Infrastruktur und ein Beitrag zum Gemeinwohl.
Wir können aus der Schulden- und Finanzkrise nicht allein dadurch heraus kommen, dass wir Ausgaben kürzen - wir müssen auch die Einnahmeseite verbessern.
Die Steuerzahler selbst haben es längst besser begriffen als Westerwelle: - und die Wähler in NRW hoffentlich auch - wer Verantwortung übernimmt für die Gesellschaft in der er lebt ist auch bereit einen finanziellen Beitrag zu leisten.
Das betrifft nicht nur die Einkommensteuer, auch die Vermögen müssen in geeigneter Weise einen Beitrag leisten, die Schäden der Krise zu beheben und dringende Investitionen in Bildung und Klimaschutz zu finanzieren.
Der größte Treppenwitz der Steuerdebatte ist das Stufenmodell der FDP. Was um alles in der Welt soll an diesen Stufen gerecht oder einfache sein? Feste Grenzwerte führen immer zu Ungerechtigkeit für den, der kurz hinter einer solchen Grenze landet. Das hat jetzt sogar die FDP gemerkt und findet 5 Stufen vielleicht doch besser als 3 . Vielleicht merken sie auch noch, dass 7 besser sind als 5 . Es liegt auf der Hand, dass eine gleitende Kurve für alle am gerechtesten ist.
Und einfacher wird das Steuersystem durch Stufentarife schon gar nicht. Denn seit wann ist die Ermittlung des Steuertarifs ein Problem, das irgendjemanden beschäftigt? Die Kompliziertheit liegt doch ganz woanders: nämlich bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens! Wer hier vereinfachen will muss als erstes unsinnige Subventionen streichen.
Und da fallen mir eine ganze Menge ein: z. bsp. umweltschädliche Subventionen von Kohle, Flugbenzin, Dienstwagen usw. Steuern sind schließlich auch da um zu steuern, d.h. um vernünftiges und ökologisches Verhalten zu fördern. Außerdem brauchen wir eine Finanzumsatzsteuer, die den Reiz zur Spekulation dämmt und das Geld wieder dorthin lenkt, wo es
hingehört: in die Realwirtschaft.
Es ist ja richtig, dass die unteren Einkommen mehr netto vom brutto brauchen. Das schafft man aber bekanntlich nicht mit Steuersenkungen, da diese Einkommen wenig oder gar nicht durch Steuern, sondern durch Sozialversicherungsabgaben belastet werden.
Wenn die vollen 40 % für Rente, Gesundheit und Arbeitslosigkeit erst ab 2000 € zu zahlen wären würde das tatsächlich die kleinen Einkommen entlasten. Statt die Steuerprogression abzuschaffen, sollten wir sie in der Sozialversicherung einführen!
Auf der anderen Seite darf es kein Tabu sein über eine mäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nachzudenken, um die Kosten neutral zu halten.
Die Finanzierung der Sozialversicherung ist überhaupt die Gretchenfrage, wenn es darum geht, wie ernst wir es mit der Solidarität in unserer Gesellschaft meinen. Solidarität kann nur zwischen Arm und Reich, Starken und Schwachen, Gesunden und Kranken funktionieren. Wenn sich die jungen, gesunden und wohlhabenden aus einem Solidarsystem ausklinken können, ist es kein Wunder, dass die Rechnung am Ende nicht mehr aufgeht. Wer das Solidarsystem retten will muss dafür sorgen, dass alle sich an diesem System beteiligen: die Beamten, die Selbständigen und natürlich auch die Abgeordneten!
Das gilt für die Renten- wie für die Krankenversicherung. In der Rentenversicherung wäre die Ausweitung der Basis allerdings nur einer von vielen erforderlichen Maßnahmen. Weiter Probleme stellen sich hier wegen niedrige Anwartschaften durch unterbrochene Arbeitsbiographien und der verlängerte Rentenbezugsdauer durch höhere Lebenserwartung.
Die Rente mit 67 darf nicht zu einer bloßen Rentenkürzung verkommen.
Aber gerade im Gesundheitssystem wäre eine konsequente Bürgerversicherung ein erfolgsversprechender Weg in die nachhaltige Finanzierung. Denn hier stehen höheren Beiträgen nicht automatisch höhere Entnahmen gegenüber.
Rößlers Kopfpauschale ist hingegen der Abschied vom Solidarsystem. So wird sich wieder jeder selbst der nächste. Da ist es nicht, was die Menschen wollen! Das Aktionsbündnis „Köpfe gegen Kopfpauschale" vertritt indirekt immerhin 25 Mio Bundesbürger! Die lassen sich ihre Solidarität nicht abkaufen - Herr Westerwelle!
Ein sozialer Ausgleich für die Kopfpauschale soll angeblich aus Steuermitteln erfolgen - wo die Steuermittel allerdings herkommen sollen bleibt schleierhaft! Von 20 oder 30 Mrd. Euro wird gemunkelt. Dabei musste die Koalition beim jetzigen Haushalt bereits 80 Mrd. Neuschulden aufnehmen, die in Wirklichkeit unter Berücksichtigung der verdeckten Posten in der Bankenrettung eher 120 Mrd. betragen!
Und die gleichen, die Gesundheit angeblich aus Steuermitteln finanzieren wollen, haben mit dem Schuldenbeschleunigungsgesetz schon mal 8,5 Mrd. aus diesen Mitteln anderweitig verschenkt: ja, im Fall der Hotelierbegünstigung kann man sagen: verschenkt! Denn die Richtung ist nicht nur falsch, sondern die Gegenleistung fehlt. Zumindest die Gegenleistung an die Gesellschaft - mit Parteispenden verhält es sich vielleicht anders...
Besonders wütend macht mich an dieser Stelle die Umverteilung von unten nach oben unter dem Deckmantel der Familienförderung. Da werden die Kinderfreibeträge für die Wohlhabenden erhöht, so dass Kinder, die es nicht nötig haben, noch mal mit 40,--€ im Monat zusätzlich gefördert werden. Die Kinder der mittleren Einkommensgruppe erhalten eine Kindergelderhöhung von 20,-€, die aber an anderer Stelle, z.Bsp. bei den Krankenkassenbeiträge oder den Kita Gebühren schnell wieder einkassiert werden und das schlimmste: die Kinder, die es wirklich nötig haben, weil das Existenzminimum durch die zu niederigen Hartz IV Sätze ohnehin nicht gedeckt ist erhalten gar nichts!
Die wachsende Kinderarmut in unserem Land ist in Verbindung mit dem selektiven Bildungssystem eine tickende Zeitbombe. Eine Zeitbombe, die uns garantiert um die Ohren fliegen wird, wenn wir sie nicht rechtzeitig entschärfen. Bundesweit ist jedes 6. Kind betroffen. In Großstädten wie Berlin ist es sage und schreibe jedes 3 Kind und Bremerhaven bringt es mit über 40% auf einen traurigen Rekord. Und dabei sprechen wir von der Zukunft unseres Landes.
Schon jetzt fehlt es überall an qualifizierten FacharbeiterInnen und IngenieurInnen. Seit 2006 gehen in Deutschland mehr Menschen in Rente, als neue auf den Arbeitsmarkt kommen. Wer, wenn nicht die Kinder entscheiden wo wir in 20 oder 30 Jahren stehen werden? Wir können es uns nicht erlauben ein Drittel der nächsten Generation einfach abzuhängen.
Das ist weder menschlich noch wirtschaftlich!
Stattdessen sorgen sich einige mehr darum, dass zusätzliches Geld an diese Familien irgendwie falsch ausgegeben werden könnte. Das führt dazu, dass für die akribische Kontrolle und Disziplinierung der Armen mehr Aufwand erbracht und Geld ausgegeben wird als für die Linderung der Not in vielen Fällen nötig wäre. Merkwürdigerweise kontrollieren wir dort, wo es sich richtig lohnen würde viel zu wenig: die Steuerfahnder der Finanzämter rufen schon lange vergeblich nach Verstärkung!
Dabei ließe sich die materielle Not durchaus lindern, wenn wir den politischen Willen dazu aufbringen. Geld ist knapp und wir wollen keins drucken - also müssen wir anders verteilen und dazu ist gerade in der Familienförderung viel Gelegenheit. Der Familienleistungsausgleich in der jetzigen Form verschiebt bereits viel Geld. Der teuerste Brocken ist mit 20 Mrd. Euro jährlich das Ehegattensplitting. Dieses Splitting fördert die Erwerbslosigkeit von Ehegatten ohne Rücksicht darauf, ob diese Kinder haben oder nicht und die Förderung fällt für wohlhabende Alleinverdiener am höchsten aus.
Wegen der Unterhaltspflichten lässt sich die steuerliche Berücksichtigung der Ehe nicht völlig abschaffen. Es gibt aber gerechtere und günstigere Möglichkeiten. Wenn wir künftig jeden Ehegatten mit einem gleich hohen, übertragbaren Freibetrag ausstatten sparen wir bereits 8 Mrd. Euro, die wir den Kindern zukommen lassen können. Bislang geben wir weiteres Geld aus für Kinderfreibeträge, Familienzuschläge, Unterhaltsvorschüsse, Kindergeld, und vieles mehr.
Verteilen wir die Gesamtsumme auf alle 12 Mio Minderjährigen in unserem Land reicht es für eine Kindergrundsicherung in Höhe von 300,-€ für jeden. Damit fielen viele Familien aus dem SGB II Bezug heraus und wir sparen die Verwaltungskosten gleich mit ein! Gutverdiener erhalten hingegen kaum mehr, als sie durch die erhöhten Freibeträge jetzt schon erhalten.
Das Splitting ist ein Anachronismus des deutschen Familienideals - oder besser gesagt des Modells der Ehe als lebenslange Versorgungsabsicherung. In anderen Rechtsgebiete ist dieses Modell längst abgeschafft: so z.bsp. beim nachehelichen Unterhalt. Hier gilt längst der „Grundsatz der Eigenverantwortung". Das Splitting suggeriert hingegen immer noch den Frauen ihre Berufstätigkeit würde sich nicht wirklich lohnen.
Heute ist es leider so, dass Paare dann finanziell am besten dastehen, wenn die Kinder aus dem Haus sind, während es in der Rushhour des Lebens mit unsicheren Jobs und kleinen Kindern vorne und hinten mangelt.
Die Abschaffung des Ehegattensplitting zugunsten einer Kindergrundsicherung ist nicht nur eine Umverteilung von oben nach unten, sondern auch eine Umverteilung zwischen den einzelnen Lebensphasen.
Selbstverständlich brauchen arme Kinder nicht nur Geld: neben der materiellen Versorgung benötigen sie eine gute Infrastruktur und ein gerechtes Bildungssystem. Hier wären die 8,5 Mrd. aus dem Schuldenbeschleunigungsgesetz besser investiert worden!
Kinder brauchen gerechtere und bessere Bildungschancen. Die werden sich leider nicht allein durch Umschaufeln von Mitteln im eigenen Bereich finanzieren lassen. Hier müssen wir in der Tat mehr Geld in die Hand nehmen, als bisher. In diesem Bereich sind neue Schulden allerdings zu rechtfertigen, weil sie sich auf lange Sicht auszahlen. Mehr Lehrer, kleinere Klassen, Lernmittelfreiheit und moderne Gebäude sind Investitionen in die Zukunft, die sich rechnen.
Nach der Schule kommt aber schon das nächste Problem.
Zuviele Jugendliche verbringen die kostbare Zeit nach dem Ende ihrer Schulzeit in langen und teueren Warteschleifen bis sie endgültig demotiviert sind.
Das deutsche duale Ausbildungssystem hat sich über lange Jahre bewährt und der deutsche Facharbeiter/ Facharbeiterin nicht umsonst weltweit hoch angesehen.
Mir ist nicht ganz klar, warum die deutsche Wirtschaft ihren Nachwuchs nicht mehr selber ausbilden will oder kann. Klar aber ist, dass wir dringend gegensteuern müssen, wenn dieses duale System nicht völlig untergehen soll und mit ihm die Jugendlichen in den Warteschleifen. Wir brauchen eine Ausbildungsumlage, um eine Art Solidarausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Unternehmen zu schaffen.
Wir brauchen aber auch mehr überbetriebliche schulische Ausbildungsplätze, um die aufzufangen, die jetzt keinen Ausbildungsplatz finden und um Unternehmen zu ermöglichen Teilbereiche der Ausbildung zu übernehmen, die keine Vollausbildung leisten können.
Selbst wenn wir dies alles umsetzen könnten würden diese sozialen Verbesserung nur Bestand haben, wenn wir auch dem ökologischen Umbau der Arbeitswelt Priorität einräumen.
So schmerzlich es für die Betroffenen sein mag - so müssen wir uns doch eingestehen, dass in einigen Bereichen Überkapazitäten entstanden sind, weil einige, wie z.Bsp. die Automobilindustrie den Anschluss verschlafen hat.
Den ökologischen Umbau verpassen heißt Arbeitsplätze gefährden. Die Arbeitsplätze von gestern können auch durch Kurzarbeit nicht langfristig erhalten bleiben. Es muss umgelernt werden: von der Chefetage bis zur Produktionsebene.
Der Blaumann muss grün werde oder er wird ausgesondert.
Wer rechtzeitig erkannt hat, dass Ökologie und Ökonomie zusammen gedacht werden müssen ist auch heute gut aufgestellt.
Gerade ist das Erneuerbare Energien Gesetz 10 Jahre alt geworden. Im Bereich der Erneuerbaren arbeiten heute 280.000 Menschen, weit mehr als in der Atomindustrie. Im gesamten Umweltbereich sind es knapp 2 Millionen.
Der von der Koalition geplante Ausstieg aus dem Atomausstieg ist ein ökologischer und volkswirtschaftlicher Irrweg.
Gorleben und die Asse haben es hinreichend belegt: ein sicheres Endlager gibt es nicht und wird es nie geben.
Bislang sind durch den Betrieb deutscher Kernkraftwerke 12.000 Tonnen hochradioaktives Schwermetall entstanden. Bis zum Ende der vereinbarten Laufzeiten kommen noch 5.000 Tonnen hinzu. Für jedes Jahrzehnt der Verlängerung kämen weitere 3.500 Tonnen hinzu.
Unabhängig von der Frage der sonstigen Sicherheit von Atomkraftwerken belasten wir damit in unverantwortlicher Weise unsere Kinder und Kindeskinder auf Jahrhunderte hinweg, nur damit die Energieversorger die attraktiven Gewinne von 1 Mio am Tag für die abgeschriebenen Atommeiler einstreichen können. Weil sie das nicht wollen sind letztes Wochenende insgesamt über 150.000 Menschen bundesweit auf die Straße gegangen!
Das Atomausstiegsgesetz führt weder zu einer Stromlücke, noch zum Verlust von Arbeitsplätzen. Das Gegenteil ist der Fall: die Verlängerung der Laufzeiten verhindert den weiteren Ausbau der Erneuerbaren durch die Verstopfung der Leitungen mit der unflexiblen Grundlast der Atommeiler. Dort aber entstehen die Arbeitsplätze der Zukunft!
Der Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Kernenergie beseitigt nicht nur die wirtschaftlichen und umweltpolitischen Risiken - er ist auch ein Schritt zur atomaren Abrüstung.
Wer global zero in der Welt anstrebt muss konsequent auch gegen die Entstehung weiteren nuklearen Materials vorgehen. Zu welchen Widersprüchen unsere doppelten Standards bei der zivilen und der militärischen Kernspaltung führen sehen wir derzeit im Iran.
Dessen Forderung nach ziviler Nutzung der Kernernergie ist völkerrechtlich leider nicht zu beanstanden.
Wieviel glaubhafter könnten wir dem Iran entgegen treten, wenn sich die internationale Gemeinschaft auch von der zivilen Nutzung verabschieden würde.
Ab Montag verhandeln in New York die Staaten über die Verlängerung des Atomwaffensperrvertrages. Russland und die USA haben mit der Vereinbarung über die Abrüstung ihrer strategischen Atomwaffen Anfang April eine gute Voraussetzung geschaffen.
Länder, die den Atomwaffensperrvertrag bis heute nicht unterzeichnet haben, wie Nordkorea, Indien, Pakistan und Israel, müssen immer wieder daran erinnert werden, was die Weltgemeinschaft von Ihnen erwartet. Und fordern wir endlich den überfälligen Abzug der verbliebenen Atomwaffen aus Deutschland und damit die Beendigung der nuklearen Teilhabe.
Ernst gemeinte Schritte in Richtung „global zero" - militärisch und zivil - würden unserer Sicherheit mehr dienen als mancher Stabilisierungseinsatz am Hindukusch...
Frieden in der Welt und sozialer Frieden bei uns zu Hause sind nicht denkbar ohne mehr Gerechtigkeit und Solidarität.
Nutzen wir also diesen Tag der Arbeit um Solidarität in den Vordergrund zu stellen: Solidarität zwischen den Arbeitenden und Erwerbslosen, zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Armen und Reichen, zwischen Männern und Frauen, zwischen der heutigen und den zukünftigen Generationen und zwischen den Völkern in aller Welt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
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