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22.06.21 –
PRESSEMITTEILUNG
Was mit dem Überfall auf die Sowjetunion vor 80 Jahren begann, hinterließ auch in Nienburg tiefe aber fast vergessene Spuren.
Diese sichtbar zu machen ist das Ziel einer Gesprächsrunde, zu der die heimischen Bundestagsabgeordneten Katja Keul eingeladen hatte. Ihrer Einladung folgten u.a. der stellvertretende Leiter der berufsbildenden Schulen, Harald Fleetje, die Kreis-Archivarin Patrizia Berger, der Leiter des Arbeitskreis Gedenken Thomas Gatter, Dr. Hellwinkel von der Gedenkstätte Sandbostel, sowie Stadtratsmitglied und Nienburger Bürgermeisterkandidat Peter Schmithüsen. Hans Jürgen Sonnenberg, der sich seit mehr als zwanzig Jahren mit den
Kriegsgefangenenlagern in Nienburg befasst, gab in einer Einführung einen Überblick der historischen Entwicklung der Lager bis 1945.
Das STALAG X C in Nienburg war eines von vier zentralen Lagerstammsitzen im Wehrkreis X (römisch 10), der sich über Niedersachsen und Schleswig-Holstein und damit weit über Nord- und Nordwestdeutschland erstreckte. Die weiteren drei Stammlager in diesem Wehrkreis waren Schleswig (A), Sandbostel (B) und Wietzendorf (D). Von Nienburg aus wurden etwa 35.000 bis 45.000 Kriegsgefangene in fast 1000 Arbeitskommandos verwaltet. Die wenigsten von ihnen, etwa 700- 1000 Menschen waren jeweils selber im Stammlager hinter der Mudra-Kaserne untergebracht. Dabei nicht mitgezählt sind die Insassen des in der Bevölkerung besser bekannten Offizierslager (OFFLAG), wo vor allem französische Offiziere festgehalten wurden. Von diesem OffLAg sind auf dem Bundeswehrgelände hinter der Helios Klinik noch die langen ehemaligen Barackengebäude erkennbar. Das kleinere Gelände des STALAG XC befindet zwischen dem Bundeswehrgelände und der IGS und ist zwischenzeitlich mit einem Parkplatz für die Helios
Klinik überbaut worden.
Nachkommen, die aus dem Ausland einreisen auf den Spuren ihrer Großeltern zeigten sich in der Vergangen schon verwundert darüber, dass in Nienburg keine Hinweise auf das Stalag zu finden seien, berichtete Dr. Hellwinkel von der Gedenkstätte Sandbostel.
Besonders mit der Unterbringung von sowjetischen Soldaten begann ein grausames Kapitel. Getreu der von den Nationalsozialisten propagierten Ideologie vom "bolschewistischen Untermenschen" wurden sowjetischen Kriegsgefangene von den Gefangenen anderer Nationalitäten separiert und deutlich schlechter behandelt und versorgt. Ihnen stand nicht einmal ein einfacher Sarg zu. Tote wurden in Ölpapier eingewickelt begraben. Von insgesamt 5,3 Mio. sowjetischen Kriegsgefangenen im deutschen Reich kamen 3,3 Mio. schließlich in der Gefangenschaft um, weil man sie gezielt unversorgt ließ und ihnen den Status als Kriegsgefangenen nach dem Genfer Abkommen verwehrte. An diese Kriegsverbrechen gilt es gerade zum 80.Jahrestages des brutalen Eroberungs- und Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion zu erinnern, betont Keul in ihrer Presseerklärung.
Aber gerade in Nienburg erinnert bislang nichts an dieses Lager von überregionaler Bedeutung. Das soll sich nach Bekunden der Beteiligten nun ändern. Lars Hellwinkel berichtete als Beauftragter des Landes Niedersachsen für Gedenkstättenpädagogik an der Gedenkstätte Lager Sandbostel von guten Erfahrungen bei der Einbindung von Schulen bei der Errichtung von Gedenktafeln, die er hier vermisst. Diese Anregungen wollte Harald Fleetjer als stellvertretender Schulleiter weiter verfolgen.
Stadtarchivarin Patricia Berger erinnerte wie ihr Vorgänger Thomas Gatter vom Arbeitskreis Gedenken daran, dass man hier keineswegs bei null anfangen müsse, wenn es um die Aufarbeitung dieses Teils der Nienburger Geschichte gehe. Das Stadtarchiv habe dazu bereits erfolgreiche Arbeit geleistet. Es gelte bei dem Projekt Gedenktafel für die Kriegsgefangenen sich die Kartensituation genau anzusehen und einen geeigneten Standort auszumachen. Keul möchte nun die verschiedenen Informationsquellen und Initiativen in der
Gedenkstättenarbeit weiter zusammenbringen, damit am Ende ein Projekt entsteht, das Jugendliche einbindet und in Nienburg ein Zeichen gegen das Vergessen setzt.
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