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14.03.21 –
Mit freundlicher Genehmigung - von DIE HARKE/Autor: Arne Hildebrandt - können Sie untenstehend das mit mir geführte HARKE-Interview vom 14. März 2021 lesen:
1.) Werden Sie Frau Merkel vermissen?
Das kommt darauf an, wer ihre Nachfolge antritt. Trotz inhaltlicher Differenzen habe ich sie persönlich immer für ihren trockenen Humor, ihre Ausdauer (die ich aufgrund gemeinsamer Reisen aus eigener Anschauung bestätigen kann) und ihre uneitle Art geschätzt.
2.) Wie sind Sie persönlich von Corona betroffen?
Ich habe das Glück, dass ich, anders als viele andere, bislang weder gesundheitlich noch wirtschaftlich betroffen bin und die Freiheitsbeschränkungen auf dem Lande auch deutlich besser zu ertragen sind als in der Stadt.
3.) Was sagen Sie zu den Corona-Maßnahmen?
Im letzten Jahr habe ich die Maßnahmen zunächst mitgetragen. Nach einem Jahr habe ich aber kein Verständnis mehr für das planlose, erratische und teils widersprüchliche Vorgehen.
Vor allem Kinder und Familien wurden von der Bundesregierung nicht ausreichend in den Blick genommen. Auch die Landesregierung hat den Sommer nicht genutzt einen Plan für die Schulen vorzulegen und bei der Umsetzung der Impfstrategie ist sie völlig gescheitert, sofern es je eine Strategie gab.
Bei den Wirtschaftshilfen hat die Konkurrenz zwischen dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesfinanzminister Chaos und Verzögerung verursacht, so dass dringend notwendige Hilfen bis heute nicht angekommen sind.
Außerdem wäre es längst möglich gewesen, die umfangreichen Ermächtigungen des Bundesgesundheitsministers durch parlamentarische Gesetze abzulösen. Der Bundestag jedenfalls ist handlungsfähig und handlungswillig.
4.) Wie geht Wahlkampf in Corona-Zeiten?
Das wird sich noch zeigen. Ich gehe davon aus, dass im Sommer auch größtenteils wieder direkte Gespräche im öffentlichen Raum möglich sein werden. Einige virtuelle Formate haben sich aber durchaus bewährt und werden sicher auch im Wahlkampf weiter eine Rolle spielen.
5.) Die Grünen sind gegen Autos in Städten und jetzt sogar gegen Eigenheime. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Grünen sind eine Verhinderungspartei?
Grüne sind nicht gegen Eigenheime – die Überschrift musste der Spiegel zwischenzeitlich als „irreführend“ korrigieren. Der Mythos von der grünen Verbotspartei verfängt bei den aufgeklärten Bürgerinnen und Bürgern inzwischen kaum noch. Es ist aber zu erwarten, dass die Angriffe der politischen Gegner härter werden je stärker wir die Machtverhältnisse in Frage stellen. Das ist Politik und das werden wir aushalten.
6.) Was ist Ihre Wunschkoalition: CDU und Grüne? Grüne, SPD und Linke oder CDU, Grüne, FDP?
Wie sich eine stabile Koalition finden lässt, die in der Lage ist, die notwendigen Reformen im Land umzusetzen, hängt weniger von persönlichen Wünschen ab als vom Wahlergebnis.
Für eine Koalition zwischen Grüne und CDU würde die FDP diesmal sicher nicht mehr gebraucht. Jamaika dürfte damit ausscheiden.
Die Linken müssen hingegen intern erst noch klären, ob sie überhaupt regieren wollen. Derzeit haben leider noch diejenigen die Mehrheit, die keine Kompromisse eingehen wollen. Das verringert die möglichen Optionen.
7.) Wer sollte Kanzlerkandidat der Grünen sein - Robert Habeck oder Annalena Baerbock?
Beide sind hervorragend geeignet und wie auch immer die Entscheidung ausfällt, werde ich sie unterstützen.
8.) Welchen Posten würden Sie gerne in der neuen Regierung besetzen?
Ich bin mit Leidenschaft Parlamentarierin und möchte das auch bleiben.
9.) Sie sind seit 2009 für die Grünen im Bundestag: Was haben Sie in Berlin für Ihren Wahlkreis Nienburg-Schaumburg erreicht?
Ich habe die Belange und Forderungen von Bürgerinnen und Bürgern aus der Region in meine parlamentarische Arbeit mit einfließen lassen und umgekehrt die Menschen vor Ort über diese Arbeit auf dem Laufenden gehalten. Die zahlreichen von mir erarbeiteten Gesetzesvorlagen und Antragsinitiativen wurden von den Mehrheitsfraktionen leider immer abgelehnt. So ist das in der Opposition. Diesmal haben die Wählerinnen und Wähler in Nienburg-Schaumburg die Chance das zu ändern.
10.) Und was wollen Sie nach der Wahl erreichen?
Ich möchte mich weiter in der Außen- und Sicherheitspolitik für Völkerverständigung, Abrüstung und Frieden einsetzen. Der Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und die Reduzierung von Kriegswaffenexporte in Länder außerhalb von NATO/EU ist mir ein besonderes Anliegen. Hierzu habe ich in den letzten Jahren Eckpunkte für ein Rüstungsexportkontrollgesetz erarbeitet, an dessen Realisierung ich gerne mitwirken würde. Außerdem möchte ich eine Regierung mit grüner Regierungsbeteiligung bei der Umsetzung der notwendigen sozialen und ökologischen Reformen in unserem Land unterstützen.
11.) Was sagen Sie zu den Plänen, dass Nienburg für 36,3 Millionen Euro eine sieben Kilometer lange Ortsumgehung der B 215 von Rohrsen an Erichshagen vorbei bekommen soll und dadurch rund 40 Hektar Natur zerstört wird?
Das sehe ich sehr kritisch, da wir dringend die Flächenversiegelung reduzieren müssen, wenn wir langfristig noch Natur und Artenvielfalt erleben wollen. Gleichzeitig sehe ich die Notwendigkeit, den Verkehr auf der Verdener Landstr. und der Cellerstr. zu reduzieren. Es sollte daher nach einem Kompromiss gesucht werden, der beiden Seiten gerecht wird. Möglicherweise könnten vorhandene Wegstrecken verwendet werden, statt geradeaus durch die Wiese zu planen. Ein Verzicht auf eine dreispurige Fahrbahn sollte das Mindeste sein. Grundsätzlich können wir aufgrund neuerer Erkenntnisse nicht stur an Jahrzehnte alten Planungen festhalten. Der Schwerlastverkehr muss endlich von der Straße auf die Schiene und das so schnell wie möglich. Je später wir mit den notwendigen Klimaschutzmaßnahmen beginnen, desto radikaler werden sie sein müssen.
12.) Und jetzt soll nach Wunsch der Nienburger Stadtverwaltung neben der Umgehung noch zusätzlich eine Bahntrasse für Güterzüge gebaut werden. Was sagen Sie dazu?
Es geht darum, dass sich der Güterverkehr durch Nienburg künftig erhöhen wird und mehrere Optionen für Lärmschutz zu prüfen sind. Es gibt dafür aber bessere Alternativen als die Verlegung der Trasse. So hat sich die Lokalpolitik ja auch bereits für eine Stahlbeton-Einhausung der Bestandsstrecke ausgesprochen. Auch ich halte diese Lösung für vorzugswürdig und habe im Hinblick auf die für übergesetzlichen Lärmschutz speziell vorgesehene Bundestagsbefassung bereits meinen zuständigen Fachkollegen informiert.
13.) Sie sind Mitglied des Verteidigungsausschusses: Sollte die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen?
Ich halte es für dringend notwendig den geordneten Abzug zum 30.04. wie geplant durchzuführen.
Die US-Regierung hatte den Taliban im letzten Jahr zugesagt, dass die internationalen Truppen bis zu diesem Zeitpunkt vollständig abgezogen sein würden, wenn sie ihre Angriffe auf die fremden Streitkräfte einstellen und mit der afghanischen Regierung in Verhandlung treten würden. Die Verschiebung des Abzugs kommt damit der Aufkündigung eines Waffenstillstands gleich. Es ist daher mit massiven Angriffen der Taliban auf die Bundeswehr ab dem 30.04. zu rechnen. Der Schutz ist durch die reduzierte Präsenz nicht mehr voll zu gewährleisten.
Der eigentliche Auftrag, Training und Beratung afghanischer Sicherheitskräfte, kann ohnehin nicht mehr erfüllt werden, weil die gerade noch 20 Trainer das Lager aus Sicherheitsgründen nicht mehr verlassen können. Die restlichen 1000 Soldatinnen und Soldaten sind allein mit der eigenen Sicherheit ausgelastet.
So dramatisch die Lage für die Afghanen derzeit ist – die Bundeswehr kann hier nichts mehr tun, außer sich selbst zu gefährden. Ich halte es daher für unverantwortlich, dass die Bundesregierung den Abzug erneut verschiebt und hoffe inständig, dass es keine Toten unter den Bundeswehrsoldaten geben wird.
14.) Warum sind Sie gegen bewaffnete Drohnen in der Bundeswehr?
Bewaffnete Drohen sind nicht zum Schutz von Soldatinnen und Soldaten entwickelt worden, sondern für gezielte Tötungen in und außerhalb von bewaffneten Konflikten. Sie wurden bislang überwiegend völkerrechtswidrig eingesetzt. Des Weiteren kommen sie vor allem beim Anti-Terrorkampf zum Einsatz, wie ihn beispielsweise die Franzosen in Mali führen. An diesen Anti-Terror Kämpfen beteiligt sich die Bundeswehr aus guten Gründen nicht. Zum Schutz von Soldatinnen und Soldaten sind bewaffneten Drohnen kaum besser geeignet als herkömmliche Luftunterstützung und Aufklärungsdrohnen, die einen Hinterhalt rechtzeitig erkennen können. Ich befürchte, dass sich die Einsatzszenarien der Bundeswehr durch die Bewaffnung der Drohnen in Zukunft verändern könnten und die Risiken den Nutzen daher bei Weitem überwiegen.
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