Gemeinsam Haltung zeigen

Abend gegen Rechts mit Andrea Röpke

27.08.21 –

PRESSEMITTEILUNG

Gemeinsam Haltung zeigen: Abend gegen Rechts mit der Investigativ-Journalistin Andrea Röpke

Auf Einladung des Ortsverbandes Uchte und der hiesigen Bundestagsabgeordneten Katja Keul von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hielt die Journalistin und Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke einen Onlinevortrag über das von ihr und Andreas Speit 2019 erschienene Buch "Völkische Landnahme: Alte Sippen, junge Siedler und rechte Ökos". Bei ihrem Vortrag präsentierte Röpke vor allem ihre Rechercheergebnisse für den Landkreis Nienburg und seinen Umkreis.
Vereine wie die Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft, kurz AGG e.V., begleiten ihre Mitglieder "von der Wiege bis zur Bahre", berichtet Röpke und seien sehr gefährlich, da Kinder früh instrumentalisiert und vereinnahmt werden. Per "Sittengesetz" würden deren Mitglieder angehalten, "das Blut reinzuhalten" und "eine gleichartige Gattenwahl" zu treffen. Völkische Nationalist*innen sind oftmals Mitglied in Vereinen, wie zum Beispiel im Schützenverein oder gehören der Jägerschaft an. Anderen Mitgliedern bliebe deren Gesinnung oftmals lange verborgen, so die Erfahrung der Journalistin. Auch viele AfD Kandidaten aus Niedersachsen seien in der extrem rechten Szene bekannt und im Landkreis aktiv.
Die Corona-Krise ermöglicht es der nationalen Graswurzelbewegung, die Mobilisierungskanäle wie Telegram, Facebook und WhatsApp betreibt, verschiedene Bevölkerungsgruppen zu vereinen und gemeinsame Feindbilder zu schaffen. So würden rechtsradikale Narrative oftmals unreflektiert weitergeleitet und genutzt, erklärt Röpke. Auch Organisationen wie "Land schafft Verbindung" posten Beiträge mit hochbelasteter Symbolik, wie die der historischen Landvolkbewegung - aus der es in den 1930er Jahren zu rechtsterroristischen Aktionen kam. Empörte Landwirte erhielten viel Zuspruch aus dem rechten Lager, informiert Röpke. Sie verbringe bei ihren Recherchen viel Zeit in einschlägigen Chats. Oftmals sei auf den ersten Blick eine rechte oder rassistische Gesinnung nicht erkennbar, erzählt die Journalistin. Daher wären Hinweise aus der Bevölkerung wichtig und wünschenswert. Auch an Schulen seien die völkischen Siedler*innen aktiv, es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass sie versuchen dort massiven Einfluss zu nehmen. Den neuen Rechten dienen gut vorbereitete Protestaktionen aus dem Querdenker-Milieu durch Telegram-Gruppen wie "Eltern stehen auf". Solche Seiten, oftmals mit vorbereiteten Briefen direkt zum Download, dienen als Einfallstor, um Bürgerinnen und Bürger aus der Mitte immer weiter zu radikalisieren. "Wer kritische Fragen stellt, fliegt aus diesen Kanälen schnell raus", weiß Röpke. Ziel all dieses Protestes sei es, das bestehende demokratische "System" zu beseitigen. Wissenschaftler und Präventionsexpert*innen warnen bereits vor einer Diskursverschiebung. Nach dem Motto: "Man wird doch noch sagen dürfen", wird vorgegeben, es gäbe keine Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik. Damit soll das Ziel erreicht werden, zuletzt sogar den Holocaust in Frage zu stellen. Der rechte Kulturkampf ist im vollen Gange.
Die Familie von Wolf-Dieter Schröppe, der aufgrund seines rechtsextremistischen Hintergrunds die Freie Waldorfschule in Minden verlassen musste, besitzt mehrere Häuser im Südkreis. Familienmitglieder beteiligten sich an einem großen Querdenken-Aufmarsch in Berlin. Der sogenannte Aueschmied Andreas-Dieter Iloff, Kreisvorsitzender der AfD in Diepholz, blickt auf eine langjährige Karriere in der extrem rechten Szene zurück. Er lebt in Kirchdorf. "Ich wünsche mir, auch von den Grünen, dass hingeschaut und sich mit diesen neuen Gegnern unserer weltoffenen, emanzipierten Demokratie besser auseinandergesetzt wird. Je besser man über Rechtsextremismus informiert ist, desto besser kann man präventiv agieren", so die Empfehlung von Röpke.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten über verstörende Gespräche mit Menschen aus ihrer Nachbarschaft. Die deutlich machten, wie sehr menschenverachtende Verschwörungstheorien aus dem Netz Glauben geschenkt würden. Neben mehr zivilgesellschaftlichem Engagement und Medienkompetenz, müsse die Demokratie überzeugender von Polizei und Justiz gegen rechts geschützt werden.
Parteiübergreifende Zusammenarbeit sei wichtig, lauten  Lösungsvorschläge von Teilnehmenden.  "Informationsabende wie dieser seien ein Schritt in die richtige Richtung", findet die Moderatorin Dörte Steenken-Krüger. Es gäbe aber noch dicke Bretter zu bohren, weiß auch die Sprecherin der Grünen aus Uchte. "Das wird sich nicht von alleine lösen", gibt auch Rudi Klemm von dem Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage, kurz WABE, zu Bedenken. "Das passiert Stück für Stück. Darum müssen wir uns gemeinsam öffentlich dagegen stellen und zusammen Gesicht zeigen", so sein Appell an alle Teilnehmenden. "Es gilt die Zivilgesellschaft zu stärken und entsprechende Strukturen zu schaffen, um breite Bündnisse gegen Feinde unserer Demokratie zu ermöglichen", fordert auch die hiesige Bundestagsabgeordnete Keul schon länger.

Weiterführende Informationen für Interessierte:  www.netzwerk-nienburg.de oder www.wabe-info.de

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