Austausch mit der Afghanischen Community in Schaumburg

15.07.22 –

PRESSEMITTEILUNG – Der Ukrainekrieg hat das Thema "Afghanistan" aus der Medienlandschaft gefegt, aber Staatsministerin Katja Keul von Bündnis 90/Die Grünen, die sich im Kreishaus auf Einladung der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe mit rund zwanzig Afghaninnen und Afghanen aus Schaumburg zum Austausch traf, machte gleich zu Anfang deutlich, dass sich die Bundesregierung auch weiterhin für das Land am Hindukusch verantwortlich fühle und auch helfen werde: "Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Angehörigen der Gefallenen, gegenüber den Soldatinnen und Soldaten sowie auch gegenüber den Menschen, die wir motiviert haben, sich in ihrem Land für Frauen- und Menschenrechte einzusetzen. Sie sind nicht vergessen", versprach Keul. Der 20-jährige Bundeswehreinsatz in Afghanistan würde momentan in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet. Die Lage sei aufgrund von Naturkatastrophen und einer Hungersnot äußerst dramatisch, weiß Keul. "Es wurde eine Geberkonferenz im März einberufen und Hilfmittel zur Verfügung gestellt. Die Versorgung der Menschen hat momentan oberste Priorität."

Auch die humanitäre und wirtschaftliche Lage im Land bleibe prekär, weiß Keul. Rund 10.000 Menschen warten immer noch auf eine Chance zur Ausreise. Dies gilt vor allem für die Menschen, die auf der sogenannten "Menschenrechtsliste" stehen und besonders gefährdet seien. "Frauen dürfen nicht arbeiten und Mädchen wird der Besuch einer Schule verboten", erzählt Teilnehmerin Shukiba Halimi. "Die Lage für Frauen und Kinder in Afghanistan ist katastrophal." Auch aufgrund mangelnder Bildung fehle vielen jungen Menschen eine Zukunftsperspektive, berichtet die gelernte Hebamme, die in Schaumburg in der Pflege tätig ist.

Die Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin Shazia Rasuli ist seit sechs Jahren in Schaumburg. Sie fange hier wieder von vorne an, erzählt die Afghanin. Mit der Flucht habe sie auch ihre Karriere zurücklassen müssen. Jetzt lasse sie sich zur sozialpädagogischen Assistentin ausbilden. "Ich bin weit weg von meiner früheren Arbeit, aber ich muss stark sein in dieser Zeit", so Rasuli.

Keul erzählt, dass die Bundesregierung aufgrund der brisanten Lage vor allem für ehemalige Ortskräfte, Menschenrechtler und Medienschaffende die bürokratischen Hürden abbaue, um deren Einreise zu erleichtern. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan befände sich noch im Aufbau, jedoch seien 75 Prozent der afghanischen Ortskräfte bereits in Sicherheit gebracht worden, berichtet Keul. "Wir haben zudem gemeinsam mit dem BMI das Verfahren vereinfacht, indem wir beim Visaverfahren mit externen Dienstleistern zusammenarbeiten und bei stark ausgelasteten Auslandsvertretungen die Entscheidung von Visa-Anträgen nach Deutschland verlagert haben." Auch sei sich auf eine realistischere Handhabung des Begriffs der Kernfamilie verständigt worden, so die Abgeordnete.

Trotz der Bemühungen der Bundesregierung, lasse die Angst um die zurückgebliebenen Angehörigen und Freunde viele der Teilnehmer nicht los. Viele bekannte Frauen, unter ihnen Richterinnen, Anwältinnen und Frauenhausmitarbeiterinnen haben ihre Arbeit verloren und halten sich in ständiger Angst vor den Taliban versteckt. Auch Kabul ist schon längst kein sicherer Ort mehr zum Überleben. "Wir lachen und weinen zusammen", berichtet Sunita Schwarz vom Integrationsbeirat. Sie beeindrucke die Energie und das Engagement der Afghaninnen und Afghanen sich hier zu integrieren. So wurde für die Flutopfer im Ahrtal gekocht und auf dem Marktplatz in Stadthagen Essen verkauft. Rund 10.000 Euro konnten so gespendet werden. "Was sie leisten ist bemerkenswert", findet auch Sozialdezernent Klaus Heimann. "Das Zusammenleben funktioniert über die Begegnung", findet Dagmar Sever von der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe. Sie hatte das Treffen mit Staatsministerin Keul organisiert. "Wir müssen uns austauschen und einander zuhören, nur so kann Integration gelingen", betont Sever.

"Meine Kinder haben Abitur und studieren, dass wäre in Afghanistan nicht möglich gewesen", erzählt Kabir Hakimi, der vor 32 Jahren mit seiner Familie nach Deutschland kam. Er selbst konnte damals nicht mehr in seinem Beruf als Bauingenieur in Deutschland arbeiten, doch seine Kinder hätten jetzt eine Zukunft: "Dafür bin ich Deutschland dankbar." Auch Vorstandsmitglied der Afghanischen Community in Schaumburg, Qasem Habibi, fordert all seine Landsleute auf: "Nutzt eure Chancen in diesem Land!"

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