Katja Keul MdB

Staatsministerin im Auswärtigen Amt

In den Dialog treten

Montagsdemonstrationen

25.01.22 –

PRESSEMITTEILUNG

Aus aktuellem Anlass traf sich die heimische Bundestagsabgeordnete, Katja Keul, Bündnis 90/Die Grünen, mit dem Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, Mathias Schröder. Thema waren die Corona-Spaziergänger, die in ihrem Wahlkreis gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Es gäbe ein große Verunsicherung in den Debatten, wie man mit diesen Protesten umgehen soll, berichtet Keul und bat Schröder um seine Einschätzung.

"Es ist wichtig, dass wir bei trotz aller gebotenen Konsequenz bei der Durchsetzung der Corona-Maßnahmen im Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern bleiben. Eine Eskalation wie an anderen Orten müssen wir unbedingt verhindern", betont Schröder, der eine pauschale Verurteilung der Teilnehmer ablehnt. "Mit einem Teil der Teilnehmenden kann man reden, andere sind allerdings nur dabei, um ohne eigenes Demokratieverständnis ihre Ablehnung gegen den Staat zum Ausdruck zu bringen." Jedoch müsse jedem der Teilnehmer klar sein, in welchem Umfeld man dort agiere, ergänzt der Polizeileiter.  Die Foren und Chats, von denen aus die Aufrufe zu "Spaziergängen" erfolgt seien und die zur "taktischen Steuerung" genutzt werden, werden oftmals von rechten Bewegungen gesteuert. Gerade die Plattformen Telegram und dessen Klon Gettr werden von Rechten genutzt, um Hass und Hetze im Netz zu verbreiten, so Schröder. "Das kann einem nicht verborgen bleiben!"

Die Montags-Demonstrationen bündeln derzeit viele Polizeikräfte.  Auch ein Ziel der Veranstaltungen: Polizei beschäftigen. Dabei werde immer häufiger verbal und körperlich provoziert, Kinder nach vorne geschoben und versucht, die Beamten zu einem harten Durchgreifen zu verleiten, um dann Bilder für die eigenen Social-Media-Kanäle zu generieren. "Die Belastung für die Polizeikräfte ist enorm. Ich sehe aber eine hohe Professionalität und Gelassenheit der Kolleginnen und Kollegen. Sie sind sich ihrer Rolle und Bedeutung in dieser gesellschaftlichen Herausforderung für die Demokratie bewusst und handeln entsprechend. Obwohl viele Polizistinnen und Polizisten seit den Protesten einen 12-Stunden-Dienst leisten müssen", so Schröder. Einschüchterungsmaßnahmen durch Videoaufnahmen belasten auch Gegendemonstranten. Für die Beamten zeige sich zudem bei den Spaziergängen ein ungewohntes Ausmaß an Ablehnung und Feindseligkeit seitens "normaler" Bürgerinnen und Bürger, aktuell gerade in Nienburg und Bückeburg. "Das ist schon in dieser Größenordnung neu und muss gesamtgesellschaftlich hinterfragt werden, weil Corona hier nur vorgeschoben scheint", resümiert Schröder.

Diese Abneigung der Demonstranten gegenüber staatlichen Institutionen, unabhängig von rechts oder links, mache auch ihr besonders Sorgen, so Keul.
Sie habe das bereits bei den Berliner Demonstrationen rund um den Reichstag zu spüren bekommen. " Auch wer sich selbst nicht als demokratiefeindlich oder rechts einordnet, gefährdet durch die Verächtlichmachung, die verbalen oder auch handgreiflichen Angriffe gegen Polizisten, Parlamentarier und andere Repräsentanten unseres Rechtsstaates, den Grundkonsens und damit die Demokratie in unserem Land," so die Abgeordnete.  Ein Blick über den Atlantik zeige, wohin solche Spaltungen führen können. Besonders absurd empfindet Keul, die auch Staatsministerin im Auswärtigen Amt ist, die laute Klage über eine angebliche Corona Diktatur in Deutschland. Man brauche nur mit offenen Augen durchs Leben zu gehen um zu sehen, was Menschen aus Diktaturen auf sich nehmen, um für freie Wahlen und ein Leben in einem demokratischen Rechtsstaat einzutreten.

Den heutigen Staat mit einer Diktatur gleichzusetzen, ist auch für Schröder nicht hinnehmbar. Als zweiter Vorsitzender des Förderkreises für Polizeigeschichte Niedersachsen macht er sich auch für eine Aufarbeitung der Rolle von Polizeikräften im Dritten Reich stark.  "Geschichte ist das Fundament, auf der die Gegenwart gespiegelt wird und sie ist Verpflichtung für die Zukunft," bekräftigt Keul.

Ganz aktuell arbeitet die Polizeiinspektion mit dem Sozialwissenschaftlichen Dienst der Polizei und dem Studiengebiet Sozialwissenschaften der Polizeiakademie die Ereignisse in den Landkreisen Nienburg und Schaumburg auf, um weitere Ansätze zu finden, die aktuelle Situation polizeilich noch besser zu begleiten, insbesondere die Konfliktkommunikation zu intensivieren. Die Ergebnisse sollen in den nächsten Tagen vorliegen. "Wir werden darauf basierend ein Konfliktmanagement entwickeln und Gesprächsformate erarbeiten, die wir auch den Kommunalpolitikerinnen und -politikern an die Hand geben wollen", erzählt Schröder. Dabei soll auch stärker klargemacht werden, welche Strömungen zur Zeit auf die Straße gehen und sich - gewollt oder ungewollt - vermengen. Auch die Bundestagsabgeordnete fordert, in den Dialog zu treten und Brücken zu bauen: "Es kann nicht heißen "die da oben" bei demokratisch gewählten Volksvertretern und hier das Volk.  Alle sind in der Verantwortung einen offenen Dialog zu führen und den Austausch der Argumente ohne Hass und Verächtlichmachung der anderen Seite zu führen."
Zum Abschluss dankte Keul Schröder stellvertretend für alle Beamtinnen und Beamte für den gerade in Corona Zeiten besonders anspruchsvollen Dienst im Sinne unseres Gemeinwohls.

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