Chancen-Tag zu 18 Monate Chancenaufenthaltsrecht

Zu Besuch beim Landkreis Nienburg

26.08.24 –

PRESSEMITTEILUNG
Die hiesige Bundestagsabgeordnete Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich nach einem Austausch im Kreishaus Nienburg erfreut über die positiven Rückmeldungen zur Umsetzung des neuen Chancenaufenthaltsrecht- eine Gesetzesänderung, die besonders von den Grünen initiiert worden war.


„Es ist mir immer wichtig zu erfahren, wie sich neue Gesetze in der Praxis umsetzen lassen und ob die beabsichtigte Wirkung erreicht wird“, so die Abgeordnete.
Hierzu traf sich Keul mit Kreisrat Hoffmann, Frau Rothaupt, Leiterin des Fachdiensts Ausländerwesen und Staatsangehörigkeit, Frau Barg, Mitarbeiterin im Fachdienst Ausländerwesen und Staatsangehörigkeit, sowie Frau Kirsten Heusmann (Bündnis 90/Die Grünen, Kreistagsabgeordnete).


Das Chancenaufenthaltsrecht konnte ab dem 01.01.2023 von allen geduldeten Ausländern beantragt werden, die zum Stichtag 31.10.2022 bereits 5 Jahre in Deutschland waren und nicht straffällig geworden sind. Das Chancenaufenthaltsrecht ist auf 18 Monate befristet. In dieser Zeit erhalten die Betroffenen das Recht zu arbeiten und können anschließend ein zweijähriges Aufenthaltsrecht bekommen, wenn sie es in dieser Zeit geschafft haben, gewisse Voraussetzungen zu erreichen.


Der Landkreis Nienburg hatte alle Personen mit Duldung informiert, die potenziell von dem Chancenaufenthaltsrecht Gebrauch machen können. Bis Ende Mai sind im Landkreis 224 Anträge gestellt worden und 200 Personen haben bereits das Chancenaufenthaltsrecht erhalten. 7 Personen wurde der Antrag abgelehnt, weil strafrechtliche Verurteilungen vorlagen.
Nunmehr laufen die 18 Monate bei den meisten aus. „Erste Gespräche mit den Teilnehmenden haben gezeigt, dass der Übergang in die zweijährige Aufenthaltserlaubnis bei über 2/3 der Antragsstellenden erfolgreich sein wird“, teilt Frau Barg mit. Dies sei zwar derzeit lediglich eine Prognose, führt sie fort, „dennoch können wir damit rechnen, dass wegen des Chancenaufenthaltsrechts mehr Menschen in Arbeit kommen, weniger Kettenduldungen verlängert werden müssen und dadurch mehr Entlastung in der Behörde erwartet wird.“


Eine häufig vorkommende Hürde, um die anvisierte zweijährige Aufenthaltserlaubnis zu erreichen, ist das erforderliche Sprachzertifikat A2. „Leider ist es in vielen Fällen nicht gelungen die erforderlichen Sprachnachweise vorzulegen“, erklärt Barg. „Wenn die Sprachprüfung zeitnah erfolgen kann, stellen wir einen vorläufigen Aufenthaltstitel, eine sogenannte Fiktionsbescheinigung aus, mit der die Person trotzdem weiterarbeiten und die Prüfung absolvieren kann“, ergänzt die Leiterin der Ausländerbehörde Rothaupt.


Frau Rothaupt und Frau Barg erklärten, das Chancenaufenthaltsrecht habe dieser Gruppe neue Perspektiven aufgezeigt, weil sie die Möglichkeit haben, ihr Leben dauerhaft in Deutschland zu gestalten und dies unmittelbar von ihrem Einsatz abhänge.


Im weiteren Gespräch erkundigt sich Keul auch nach den Auswirkungen des neuen Staatsangehörigkeitsrechts. Hier liegen dem Landkreis bereits eine deutlich erhöhte Zahl an Anträgen vor, denn der Mindestaufenthalt wurde von 8 auf 5 Jahre verkürzt. Bis Mitte August 2024 seien bereits 309 Anträge gestellt worden – zum Vergleich: im Vorjahr wurden insgesamt 190 Anträge gestellt. „Wir haben vorsorglich unser Personal aufgestockt, sodass jetzt 4 Mitarbeitenden ausschließlich für die Bearbeitung zuständig sind“, berichtet Hoffmann über die schnelle Reaktion der Verwaltung auf das neue Gesetz. Sie bedauerten die zwölfmonatige Wartezeit bis zur Entscheidung, allerdings sei das unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht anders möglich. Keul zeigte Verständnis und begrüßte die Aufstockung des Personals.


Da seit Ende Juni dieses Jahres auch die doppelte Staatsangehörigkeit zulässig ist, können sich auch Menschen einbürgern lassen, die seit vielen Jahrzehnten in Deutschland leben, aber nicht von ihren Herkunftsstaaten aus der bisherigen Staatsbürgerschaft entlassen wurden. Das betrifft vor allem die Rentnerinnen und Rentner aus der Gastarbeitergeneration. Dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, auch deren großen Einsatz beim Aufbau dieses Landes zu würdigen, begründet Keul.


Der Landkreis ist hier ebenfalls proaktiv, informiert die türkische Gemeinde und plant explizit Informationsveranstaltungen vor Ort. Keul zeigt sich sehr erfreut über das Vorgehen: „Mit dem erleichterten Zugang zur Staatsangehörigkeit wollen wir dieser Generation etwas zurückzugeben, ihnen ermöglichen Teil der Demokratie zu werden und Deutschland als ihre zweite Heimat mit der deutschen Staatsangehörigkeit auch im Zuge der Wahlen aktiv mitzugestalten. Ich freue mich, dass Sie im Landkreis Nienburg mitziehen und die ersten Generationen einladen, auch mit einem Pass Teil Deutschlands zu werden“, lobt Keul.
Auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten nach Problemen des Landkreises beschreibt Hoffmann die zunehmende Respektlosigkeit im Umgang mit den Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes in allen Bereichen der Kreisverwaltung. Dies gehe von Beleidigungen bis hin zu Drohungen mit Gewalt. "Wir bringen alles zur Anzeige und haben seit einiger Zeit auch Security im Haus. Wir lassen es nicht zu, dass unsere Mitarbeitenden derart angegangen werden". Es brauche definitiv mehr Respekt gegenüber den Mitarbeitern im öffentlichen Bereich, pflichtet Keul ihm bei.


Kritik am Gesetzgeber gab es noch im Hinblick auf die Komplexität des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Keul versprach, konkrete Gesetzesvorschläge zur Vereinfachung von Verfahren an die zuständigen Fachkollegen weiterzuleiten. Alle waren sich einig, dass die Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinfacht werden müsse.


Keul zeigt sich nach ihrem Besuch sehr zufrieden: „Über konstruktive Kritik und Verbesserungshinweise sind wir in Berlin immer dankbar. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, Ihre Rückmeldungen weiterzutragen. Ich freue mich auch, dass das umgesetzte Chancenaufenthaltsrecht offenbar Früchte tragen wird. Wir wollen die Hürden zur Integration absenken und mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern. Das geht vor allem durch Zusammenarbeit, sowie über die Regelung mit der doppelten Staatsangehörigkeit. Die Verwaltung des Landkreises Nienburg arbeitet hier wohlwollend und gleichzeitig proaktiv, um diese Änderungen umzusetzen. Vielen Dank für Ihren wertvollen Einsatz und Ihre tägliche Arbeit.“

Hintergrund:
Das Chancenaufenthaltsrecht ist am 01.01.2023 in Kraft getreten. Damit ist das erste zentrale flüchtlingspolitische Vorhaben des Koalitionsvertrags umgesetzt worden. Mehr als 137.000 Menschen können bis zum 31.12.2025 aus dem System der Kettenduldungen geholt werden und endlich eine Perspektive bekommen. Stichtag war der 21.10.2022. Geduldete Personen, die bis zum Stichtag seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit Aufenthaltstitel leben, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, keine über ein bestimmtes Maß hinaus gehenden Straftaten begangen haben und nicht durch wiederholte Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit die Abschiebung verhindern, bekommen eine Aufenthaltserlaubnis für 18 Monate, um die üblichen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht nach dem Aufenthaltsgesetz zu erfüllen (nach § 25a und § 25b). Die Familie erhält das Aufenthaltsrecht auch dann, wenn sie noch nicht 5 Jahre zum Stichtag in Deutschland ist.


Das Staatsangehörigkeitsgesetz trat am 27.06.2024 in Kraft. Seitdem wird eine doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich akzeptiert. Weitere Änderungen sind die Kürzungen der Einbürgerungsfristen von 8 auf 5 Jahre permanentem Aufenthalt in Deutschland. In Deutschland geborene Kinder mit ausländischen Eltern erhalten künftig ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit sowie die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern, wenn ein Elternteil mindestens 5 Jahre in Deutschland lebt. Auch bei Eintritt der Volljährigkeit ist eine Entscheidung für eine von zweien Staatsangehörigkeiten nicht mehr notwendig. Als Voraussetzung für den Erhalt einer deutschen Staatsangehörigkeit bleibt ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bestehen. Es wird klargestellt, dass antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und eine Einbürgerung ausschließen. Auch wird ergänzt, dass sich Einbürgerungswillige „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges“ bekennen müssen.

 

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